Allen Unkenrufen zum Trotz – Artenschutz und Rohstoffabbau arbeiten erfolgreich zusammen

Biostationen zeichnen erfolgreiche Projekte zum Schutz von Abgrabungsamphibien aus.

Artenschutz und die Gewinnung von Kies, Sand und Steinen: Dass das gut zusammenpassen kann, zeigt eine Initiative Biologischer Stationen, des NABU Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und des Baustoffverbandes vero.

Gegründet wurde die Initiative „Unterstützung der Abgrabungsamphibien in der Rohstoffgewinnung NRWs“ im Jahr 2017 mit dem Ziel, bei gesteinsabbauenden Betrieben für ein freiwilliges Engagement im Amphibienschutz zu gewinnen. Ton-, Kies- oder auch Basaltabgrabungen können vielen selten gewordenen Fröschen, Kröten und Molchen wertvollen Lebensraum bieten, da sie Platz haben für viele verschiedene Gewässer, offene Flächen mit wenigen Pflanzen, Sand- und Kieshaufen und weitere ungestörte, wilde Ecken. Bei gutem Management und mit Beratung durch Natur-Experten lassen sich diese Biotope gezielt schützen, neu schaffen und erhalten.

Pressefoto_Plakette-Abrabungsamphibien_web.jpg(v.l.n.r.) Rolf Jansen und Britta Franzheim (Quarzwerke), Peter Schmidt (Biologische Station Bonn/Rhein-Erft), David Tigges (vero), Monika Hachtel (NABU NRW)

Nach mehrjährigem Vorlauf werden jetzt die ersten Betriebe mit einer Plakette von den teilnehmenden Biologischen Stationen ausgezeichnet: sie dürfen sich „Amphibienfreundlicher Betrieb“ nennen. Unternehmen wie z.B. die Quarzwerke Frechen aus dem Rhein-Erft-Kreis, der Tagebau Fischer Vernich aus dem Kreis Euskirchen und Kiesgrubenunternehmer Franz Limbach aus Troisdorf engagieren sich auf ihren Betriebsflächen über ihre gesetzlichen Verpflichtungen hinaus für Wechselkröte und Co: sie legen zusätzliche Laichgewässer an, schaffen ungestörte Rückzugsräume und Winterquartiere. Dieses Engagement soll mit der Plakette gewürdigt werden und Ansporn für weitere Unternehmer sein, sich zu beteiligen. Aufgrund der aktuellen Lage werden die Plaketten ohne einen gemeinsamen Außentermin verliehen.

„Lebensräume für bedrohte Amphibien können in vielen Rohstoff-Gewinnungsbetrieben mit wirklich wenig Aufwand hergestellt werden“ sagt die Biologin Britta Franzheim von den Quarzwerken Frechen. „Bagger und Radlader sind ja vor Ort. Mit etwas Rücksicht und Kenntnis der Biologie dieser Tiere kann man viel erreichen“. Natürlich darf der Abbaubetrieb nicht darunter leiden. „Wichtig ist es, dass Unternehmer und Naturschützer im Gespräch vor Ort überlegen, was fachlich sinnvoll und betrieblich umsetzbar ist“, sagt der Biologe Peter Schmidt von der Biologischen Station Bonn / Rhein-Erft.

Dabei können beide Seiten voneinander profitieren. Denn ohne die laufenden Kies-, Sand-, Ton- und Gesteinsgewinnungen wären seltene Arten wie Gelbauchunke, Wechselkröte und Geburtshelferkröte bei uns vermutlich schon ausgestorben. Da für diese Arten der strenge Europäische Artenschutz gilt und die Tiere weder getötet noch deren Lebensräume zerstört werden dürfen, sind viele Unternehmen der Steine- und Erden-Industrie aber zurückhaltend, etwas für die Lurche zu tun. Sie befürchten, dass der Artenschutz ihren Betriebsablauf stört oder geplante Erweiterungen durch Auflagen verhindert. Hier gilt es, in vertrauensvoller Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzbehörden Wege zu finden, um beides sicherzustellen: einen kontinuierlichen Abbau sowie sinnvolle, zeitlich und räumlich flexible, wirksame Maßnahmen für die Amphibien.

Das NRW-Umweltministerium bewertet die Initiative durchweg positiv. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser freut sich: „Abgrabungen werden in der Öffentlichkeit häufig als zerstörerische Eingriffe in Natur- und Landschaft wahrgenommen. Doch in Wirklichkeit können gerade Kiesgruben und Steinbrüche bei guter Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Naturschutz wichtige Ersatzlebensräume für seltene Arten von Amphibien wie Gelbbauchunke und Laubfrosch, wärmeliebenden Reptilien wie Schlingnatter und Mauereidechse oder auch bestimmten Vogelarten wie Uferschwalbe, Flussregenpfeifer und Kiebitz bieten. Deswegen lohnt sich das gemeinsame Engagement und mit freiwilligen, gut abgestimmten Maßnahmen lässt sich allemal mehr erreichen als nur über Ordnungsrecht.“

Der NABU NRW ist überregionaler Partner der Kooperation: „Mit dieser Vereinbarung ist es beispielhaft gelungen zu zeigen, das unternehmerische Tätigkeit und aktiver Naturschutz keine Gegensätze sein müssen. Wir freuen uns, dass wir vor drei Jahren mit vero und den Biostationen den Grundstock legen konnten für dieses mittlerweile erfolgreiche Projekt zum Schutz stark gefährdeter heimischer Amphibien. Mit der Auszeichnung als „amphibienfreundlicher Betrieb“ wird dieses Engagement mittlerweile mehrerer Abbauunternehmen auch folgerichtig öffentlich gewürdigt“, so Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW.

Raimo Benger, vero-Hauptgeschäftsführer, ergänzt: „Wir freuen uns sehr, dass die Initiative zum Schutz von Abgrabungsamphibien sich erfolgreich etabliert hat und wünschen uns, dass sich noch viele weitere Unternehmen der Bau- und Rohstoffindustrie anschließen.“

Weitere Informationen: https://www.abgrabungsamphibien.de/

https://www.vero-baustoffe.de/der-verband/publikationen/12-abgrabungsamphibien/download